Vom 17. Juni bis 9. Juli hatten wir die große Freude, eine fünfköpfige Gruppe aus der Konde-Diözese für drei Wochen bei uns in München begrüßen zu dürfen. Die Gruppe bestand aus:
- Boaz Mwakisilwa, verantwortlich für Finanzen, Planung und Entwicklung im Kirchenamt in Tukuyu
- Dr. Lee Mwakalinga, dem leitenden Arzt im Itete-Krankenhaus
- Lucy Mwalukasa aus Mbeya-Ruanda (Partnergemeinde der Epiphaniaskirche)
- Veronica Ndossi aus Mbeya-Mjini (Partnergemeinde der Adventskirche)
- Juliet Mlenga aus Ukukwe (Partnergemeinde der Gnadenkirche, Dachau)
Alle fünf Gäste waren weltoffen und wissbegierig. Insbesondere der Arzt versuchte alles im Detail zu erkunden und zu verstehen und hat endlos Fragen gestellt. Swahili-Dolmetscher wurden für Besuche in Einrichtungen angeheuert, aber die Unterhaltung unter uns verlief hauptsächlich auf Englisch.
Die Gäste wurden für jeweils eine Woche einzeln in Familien untergebracht. Bei der ersten Reflexionsrunde hörten wir, dass das einzige Problem das lange Tageslicht wäre; das hat wohl den Schlafrhythmus gestört. Die Gastgeber notierten in ihrem Feedback vieles, was die Gäste am Alltag interessant fanden, wie die verschiedenen Wohnverhältnisse, die Haustechnik, die Mülltrennung, der Friedhof, oder die Beschäftigung mit Enkelkindern. Wir erfuhren in Reflexionsrunden z.B., dass die Gäste es ungewohnt fanden, dass der Pfarrer nicht „höher steht“ oder dass man bei Gemeindefesten für das Essen bezahlen muss. Mit einer Ausnahme hatten die Besucher Smartphones, über die sie regelmäßig Kontakt mit zuhause halten konnten. Der Internet-Zugang über WLAN war dafür wichtig und dazu die richtigen Adapter und Kabel zum Laden der Handys.
Die zwei Schwerpunktthemen für die Begegnung waren
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Familie: Durch Diskussionen über unsere Familien und Besuche in verschiedenen Einrichtungen wurden Unterschiede deutlich. In der Konde-Diözese ziehen z.B. bedürftige alte Leute meist zu ihren Kindern (der Vater zum Sohn, die Mutter zur Tochter) oder werden innerhalb der Clanstruktur versorgt. Die Gäste betonten, dass Glaube in der Familie anfängt: Eltern müssen mit ihren Kindern über ihren Glauben sprechen. Wie vieles sonst, ist auch das etwas, was wir gerne Fachleuten überlassen.
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Unsere lutherische Identität: Dies war ein sehr ergiebiges Thema für beide Seiten. Die Gäste haben mehrmals betont, wie wichtig es für sie war, die Geschichte Luthers zu erfahren und ihn als Person wahrzunehmen. Für uns besonders gelungen war ein Nachmittag mit lutherischen Symbolen, von der deutschen Bibel, dem akademischen Talar und dem Kelch bis zum Ehering des Pfarrers. Beim Besuch einer Freikirche hörten wir, dass es dort, wie Luther es predigte und wie die Tansanier es praktizieren, eine sehr enge Bindung an die Worte der Bibel gibt: Das würde der Pfarrer der Freikirche bei den deutschen Lutheranern vermissen.
Weitere Themen waren Landwirtschaft und fairer Handel:
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Beim Besuch zweier Bauernhöfe zeigten die Gäste Interesse an der Milchverarbeitung (z.B. Joghurt, Käse), an der Vermarktung (Hofladen), und an der Biolandwirtschaft.
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Bei der Fairhandelsmesse in Augsburg zeigte Dr. Bergmann von MEW, wie wir im Handel mit Entwicklungsländern neue, nicht ausbeuterische Wege zu gehen versuchen. Für die Gäste wurde ein Kontakt zum „Würzburger Partnerkaffee“ hergestellt.
Ein spannender Nachmittag mit Pfr. Kurth brachte uns dazu, unser Bild vom jeweiligen anderen zu beschreiben. Später hat der Arzt angemerkt, dass in Deutschland ein falsches Bild von Afrika herrscht, z. B. Plakate mit HUNGER IN AFRIKA in großen Buchstaben.
Am letzten Sonntag konnten wir mit den Gästen auf 40 Jahre Partnerschaft zurückblicken. Durch die Vertiefung der Einblicke in die Sozialstrukturen und die Glaubenswelt des jeweiligen anderen ist das Verständnis für einander gewachsen.
Die intensive Zeit zusammen war eine große Bereicherung für die beteiligten Menschen. Sehr erfreulich ist, dass wir zum ersten Mal einen Bericht aus Tansania über den Besuch bekamen. Dr. Lee hat 22 Seiten mit einer Art Tagebuch als Bericht für das Partnerschaftskomitee der Konde-Diözese gefüllt. Einige seiner Bemerkungen im Bericht (z.B. über das Fehlen von unterernährten Kindern im Krankenhaus) zeigen, wie unsere Lebenswelten sich unterscheiden. Obwohl es nur ein Nebenthema war, berichtet er mit großem Interesse über unsere Landwirtschaft. Als wir am Ende der Begegnung Themenvorschläge fürs nächste Mal sammelten, wurden Landwirtschaft und Ernährung an erster Stelle von ihm genannt.