Gespräch mit Pfarrer Seth Mlelwa, Leiter des Men-Department der Süddiözese
am 28.05.24 in der Philippuskirche
mit J. Döring (HA-ILE), Missionspfarrerin Chr. Glaser, M. Binder, Chr. Süßmuth, W. Grillenberger (Mü-Süd), U. Werwigk, A. Eckel (Mü-Ost/Südost)
Männerarbeit
Das Men-Department der Süddiözese gibt es erst seit rund einem Jahr. Es ist also eine sehr neue Einrichtung. Diese wurde nötig, nachdem jahrelang der Fokus einseitig auf Frauenarbeit gelegt war.
Ausgangslage für Männer:
- Mehr als 70% der Kirchenbesucher sind weiblich, in einigen Regionen liegt der Anteil der Frauen sogar bei 90%. Selbst unter den Jugendlichen ist der Frauenanteil deutlich höher als der der Männer.
- Männer beschäftigen sich sehr mit der Suche nach Einkommen und verbringen vergleichsweise wenig Zeit in der Familie.
- Ohne guten Verdienst haben Männer in der heutigen Gesellschaft einen sehr schweren Stand. Männer leiden unter dem hohen Erwartungsdruck, ein angemessenes Familieneinkommen zu sichern.
- Anders als Frauen treffen sich die Männer (zumindest außerhalb von Bars) so gut wie gar nicht. Sie tauschen sich daher auch wenig miteinander aus.
- Männer sind vielfach depressiv. Es wird sogar von einem Selbstmord eines 10-jährigen Jungen berichtet, der unter der Bevorzugung seiner Schwestern litt.
Ganz anders die Situation der Frauen:
- Frauen werden umfassend gefördert.
- In den Sekundarschulen gibt es bevorzugt Internatsplätze für Mädchen. Jungen müssen sich andernorts eine Bleibe suchen, was den Schulbesuch erschwert.
- Frauenarbeit ist auf allen Ebenen von der Diözese bis in die Predigtstationen fest etabliert. Hier tauschen sich Frauen aus und ermuntern sich gegenseitig. - Die Frauen scheinen auch erfolgreicher zu sein.
- Von 10 Kirchenvorständen sind 9 Frauen.
- Bei Frauen gibt es weniger Korruption.
- Selbst die Präsidentin ist nun eine Frau.
Auch in kleinen Dingen zeigen sich die Unterschiede: Bei Männern sind anders als bei Frauen Ehevorbereitungskurse wohl nicht üblich. Anmerkung: Vor der Trauung in der Kirche macht üblicherweise der Pfarrer eine Belehrung über das Eheleben für beide Partner. Im Rahmen der Frauenarbeit wird bei Seminaren aber immer über das Leben in der Ehe und der Familie gesprochen und Vorträge gehalten.
Diese Ungleichheit wird nicht nur in der Kirche sondern auch von der Politik wahrgenommen. Daher bat die Präsidentin, Mama Samia, die Kirchen um eine Stärkung der Männerarbeit.
Die Gründung des Men-Department ist ein erster Schritt, der bereits deutliche Signalwirkung hat. Doch wird ein Umdenken längere Zeit in Anspruch nehmen. Zunächst soll es eine Plattform bieten, wo sich Männer treffen und austauschen können.
Einen ersten Männerchor gibt es bereits. Könnte man eine Sekundarschule für Jungen gründen, die deutlich macht, dass eine gute Ausbildung auch für Jungen und nicht nur für Mädchen wichtig ist?
In der praktischen Männerarbeit, z.B. bei der Hochzeitsvorbereitung, legt Pfarrer Mlelwa Wert darauf, dass nach dem Gespräch der Männer untereinander auch die Frauen dazukommen. Denn eine gleichberechtigte Partnerschaft ist wichtig.
Herausforderungen der christlichen Kirchen
Im Gespräch kam Pfr. Mlelwa immer wieder auf aktuelle Herausforderungen der lutherischen Kirche in Tansania zu sprechen:
- Im Islam haben die Männer eine tragende Rolle und bleiben auch nach dem Gottesdienst zum Austausch.
- Das Christentum ist in viele Glaubensgemeinschaften zersplittert. Wenn dann noch ein christlicher Prediger die Dreifaltigkeit in Frage stellt, schwächt das die Glaubwürdigkeit.
- In Europa verlassen immer mehr Menschen die Kirche. In Tansania fragten sich mache, ob fortschrittliche Menschen nun erkennen, dass es keinen Gott gibt.
Sanierungsbedarf Kidugala
Nachdem Pfr. Mlelwa lange Zeit als Leiter für Christian Education auch für Kidugala Seminary zuständig waren, wollten wir von ihm mehr über die aktuellen Probleme dort hören.Das Kidugala Seminary mit Bibelschule und Sekundarschule hat historisch bedingt große Bedeutung. Viele heutige Pfarrer wurden dort ausgebildet.
Vor allem die Sekundarschule ist in die Jahre gekommen. Das Haus hat hohen Renovierungsbedarf: unzuverlässige Stromversorgung, Probleme mit Frisch- und mit Abwasser, erhebliche Gebäude¬schäden.
Das ist ein Teufelskreislauf: Die Zustände in der Schule sind schlecht, es kommen weniger Schüler, die Einnahmen reichen nicht mehr für eine gute Bezahlung der Lehrer.
Wir können die Gesamtsituation nicht kurzfristig verbessern. Pfarrer Mlelwa wird nachfragen, ob mit kleinen, finanzierbaren Schritten ein Anfang gemacht werden kann. Wir halten Hilfen von 5.000 € für denkbar und werden im PAT darüber beraten.