Zum Tod von Pfarrer Aaron Mapima Mgovano
Dankbare Erinnerungen an einen Menschen, der vielen von uns sehr wertvoll geworden ist.
Am 21. Dezember 2017 ist der frühere Dekan von Makambako, Pfarrer Aaron Mapima Mogovano im Alter von 87 Jahren verstorben. Er gehörte zu den Gründungsvätern der Partnerschaft der Prodekanate München Ost/Südost mit den Dekanaten Makambako und Ilembula im Süden Tansanias. Alle, die ihn kennen lernen durften, sind dankbar für diesen besonderen Menschen. Als wir uns 2014 in Makambako getroffen haben, hat er immer wieder betont, wie glücklich er über diese Partnerschaft ist, die bis heute so lebendig ist. In allen Kirchengemeinden, die wir dort gemeinsam besucht haben, hat er es sich nicht nehmen lassen, diese Freude vor allen auszudrücken. Für mich als Missionspfarrer der übernächsten Generation war es schön, dieses Glück zu spüren, dass das weitergeht, was er vor Jahren begonnen hat, und Teil einer Segensgeschichte sein zu dürfen.
Viele unserer Partnerschaftsbeauftragten hatten im Laufe der letzten 40 Jahre so manche Begegnungen mit Pfarrer Mgovano. Einige schildern hier ihre z.T. ganz persönlichen Begegnungen mit ihm. Mit diesen Begegnungen bleibt er für uns unvergesslich.
Missionspfarrer Karsten Schaller
Pfr.i.R. Friedrich Eras, früherer Missionspfarrer in München-Ost:
Seit bald einem halben Jahrhundert war er eine der Gründerpersönlichkeiten für die enge Verbundenheit zwischen den Evangelischen in der Region München und der Süddiözese der lutherischen Kirche Tansanias in Njombe. Am 21. Dezember 2017 ist Pfarrer und Altdekan Aaron Mapima Mgovano im Alter von 88 Jahren in seiner Wohnung in Makambako verstorben. Insbesondere die ökumenische Partnerschaft zwischen den evangelischen Dekanaten München-Ost und München Südost und den tansanischen Dekanaten Makambako und Ilembula geht hauptsächlich auf seine Initiative zurück. Zuletzt galt sein unermüdlicher Einsatz dem weiteren Ausbau des Mädchenschulzentrums in Emmaberg, das seiner Initiative zu danken ist. Mgovano wird am 23. Dezember 2017 in Makambako begraben, wo er seinen Weg in der lutherischen Kirche im südlichen Tansania begann.
Wie Alles Begann
Den Gedanken einer in den Gemeinden verwurzelten Partnerschaft zwischen deutschen und tansanischen Lutheranern entwickelte Mgovano, der damals Pfarrer in Njombe war, schon früh zusammen mit dem bayerischen Pfarrer Waldemar Fischer, der seit 1965 als theologischer Berater in der noch jungen Süddiözese der luth. Kirche in Tansania arbeitete. Als Mgovano als Dekan in das im Aufbau begriffene Dekanat Makambako kam, verfolgte er zielstrebig diese Idee. So entstand im Laufe der Jahre ein beinahe lückenloses Netz lebendiger Gemeinde- und Dekanatspartnerschaften im südlichen Tansania.
Chorwettbewerbe
Mgovano war ein einfallsreicher Mann, dem sehr auch an der Verlebendigung der tansanischen lutherischen Gemeinden lag. Auf seine Initiative gehen z.B. die jährlichen Chorwettbewerbe zurück, die zu einer wichtigen Säule der Jugendarbeit in der Region wurden. Jede Gemeinde übt in unterschiedlichen Formationen das Singen nicht zuletzt auch als Pflege einheimischer Traditionen. Mehrfach konnte die Diözese von Njombe später Auswahlchöre, die sich bei diesen Wettbewerben qualifiziert hatten, als Botschafter nach Deutschland, auch nach München entsenden.
Erforschung der Geschichte
Mehr als eine Liebhaberei war für den nicht nur hochgebildeten, sondern mit einem blendenden Gedächtnis begabten Mgovano die Erforschung der Geschichte seines Volkes der Wabene im südlichen Tansania. Zu seiner großen Freude gelang ihm die Veröffentlichung dieser Arbeit als Buch, eine Rarität in den rund 80 Völkerschaften Tansanias. Auf seinen zweiten Taufnamen Mapima, einen einheimischen Stammesnamen, legte er großen Wert.
Ausbildung in Emmaberg
Seine Ausbildung hatte Mgovano noch in dem später aufgelösten Seminar der Berliner Mission in Emmaberg unweit von Makambako begonnen. Das Seminar ging auf eine preußische Stifterin vor rund hundert Jahren zurück; nach ihr wurde der Hügel schließlich auch benannt. Als infolge des tansanischen Bodenrechts der Staat das in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg ungenutzte große Grundstück anderweitig vergeben wollte, besann sich Mgovano auf die ursprüngliche Nutzung. Mit Ausdauer und Wagemut gelang es ihm, dass dort 1990 eine Bibel- und Musikschule eröffnet werden konnte, der man bald auch eine Handwerkerausbildung angliederte. Als diese Einrichtungen in Schwierigkeiten kamen, entdeckte Mgovano, dass das staatliche Oberschulwesen vor allem die Mädchen und jungen Frauen benachteiligte.
Emmaberg Educational Centre
Deshalb wurde alsbald das „Emmaberg Educationel Centre“ ausgebaut zu einer Mädchen-Sekundarschule, die im Jahr 2004 ihre Arbeit aufnahm. Dieser kirchlichen Privatschule mit ca. 400 Schülerinnen aus der ganzen Gegend galt in den letzten zwanzig Jahren Mgovanos ganze Arbeitskraft, obwohl er offiziell längst im Ruhestand lebte.
Lange hat die lutherische Diözese von Njombe das Projekt Emmaberg als eine Art Privatleidenschaft des Altdekans von Makambako behandelt. Mgovano musste sich deshalb für die Finanzierung um andere Quellen bemühen und kam zu diesem Zweck auf seine Freundschaft mit Waldemar Fischer zurück. So gelang es nicht nur, die Münchener Partnergemeinden als Sponsoren zu gewinnen.
Förderkreis Emmaberg
Fischer gründete in Grafing, wo er selbst im Ruhestand lebte, einen Förderkreis Emmaberg, der im Laufe der Jahre mit großen Beiträgen den Bau von Schul- und Internatsgebäuden, Lehrerhäusern und zuletzt einer Bibliothek unterstützte. Als einen besonderen Glücksfall empfand Mgovano, dass mit dem Kurt-Huber-Gymnasium in Gräfelfing eine offizielle Schulpartnerschaft besiegelt werden konnte. Im vergangenen Jahr begrüßte er noch hocherfreut eine Delegation dieses Gymnasiums in Emmaberg.
Pfarrer Mgovano – Erinnerungen von Elvira Schymkowitz
Ich habe ihn in den letzten ca. 30 Jahren als einen Menschen kennen gelernt, der sehr gut organisieren kann, Leute zusammen bringt, in schwierigen Situationen mit großem Einfühlungsvermögen vermittelt und vor allem ein treuer Freund ist, seine stärkste Hilfe dabei sind sein Humor und sein Temperament
Besonders berührt hat mich sein Besuch zur Beerdigung seines langjährigen Weggefährtens Waldemar Fischer zu einem Zeitpunkt, als er selbst aktut krank war. Die beiden haben sich durch die siebenjährige Zusammenarbeit während des Aufenthalts von Ruth und Waldemar in Njombe schätzen gelernt. Auch 10 Tage Krankenhaus in Deutschland konnten seinem Humor nichts anhaben; davon konnten wir uns überzeugen, als er nach seiner Genesung eine Woche bei uns wohnte.
Wir waren begeistert von seiner ungebrochenen Neugier auf Begegnungen, vor allem mit Menschen, die unser Freund bis dahin gar nicht kannte. Mein Mann und ich sind sehr traurig über seinen Tod, aber auch dankbar, denn bei unserer Tansania-Reise im Juni 2017 haben wir uns noch einmal mit ihm und seiner Frau in ihrem Haus in Makambako getroffen.
Mchungaji wird uns nicht nur als persönlicher Freund in Erinnerung bleiben, sondern auch als Begründer der Partnerschaft zwischen Makambako/Ilembumla und München Ost und Südost und als leidenschaftlicher Unterstützer der Mädchenschule in Emmaberg.
Jochen Döring, Partnerschaftsbeauftragter in Haar, erinnert sich:
Ich habe eine Geschichte, die zu dem Bild von ihm mit Pastor Mwalyosi passt, der ihm gerade das Album von der Begegnungsreise 2015 zeigt.
Die „story“ spielt aber ein Jahr vorher, 2014, als wir – und auch Karsten – in Tansania waren.
Pastor Mgovano und Pastor Mwalyosi
Beim Besuch in Makambako auf der Baustelle für den Kirchenneubau nahm mich Mgovano zur Seite und bat mich eindringlich, bei der Besuchsgruppe für die Begegnungsreise doch auch Kidodelo zu berücksichtigen, der sich sehr für die Partnerschaft einsetze. Ich habe dann ein paar Tage später Karsten getroffen und da haben wir beschlossen, Kidodelo mit einzuladen. Bei der Begegnungsreise hat sich dann gezeigt, dass Kidodelo ein bereicherndes Mitglied der Gruppe und eine positive Überraschung für uns war – was sich seither auch positiv ausgewirkt hat.
Diakon Rudi Forstmeier erinnert sich an die Jugendbegegnung 1990
Ich habe zwei Bilder von unserer Jugend-Partnerschaftsreise 1990 beigelegt, auf der Pfr. Mgovano neben dem damaligen Dekan Mbugi und anderen zu sehen ist.
Er hat unserer Partnerschaftsreise damals sehr interessiert und wohlwollend begleitet.
Christa Müller erinnert sich
Ich kenne Mchg. Mgovano schon ganz ganz lange. Bin ihm auch oft begegnet. Wurde zu ihm eingeladen.
Er erzählte, dass er in seiner Kindheit auf die Tierherde seiner Familie aufpassen musste. Das war damals nicht ungefährlich, weil es noch wilde Tiere gab.
Als er hier im Krankenhaus lag, brachte ich ihm ein leeres Heft und Stifte mit, fragte ihn, ob er nicht etwas über sein Leben in der Kindheit aufschreiben möchte.
Eine alte Evangelistin erzählte mir, dass Mgovano als Pfarrer gemeinsam mit ihr in der Gemeinde Korintho – gehört jetzt zu unserer Gemeinde Palangavanu – gearbeitet hatte. Korintho war damals bekannter als Ilembula.
Ja, ich selber habe ihn sehr geschätzt. Er konnte auch oft kleinere Streitigkeiten und Unebenheiten schlichten.
Ich denke jetzt an seine Frau, wie es ihr wohl geht?
Barbara Heuermann erinnert sich
ich habe ein paar Zeilen verfasst, mit denen ich mich an Herrn Mgovano erinnere. Es war unsere erste Begegnung in der Gustav-Adolf-Kirche, so in der Mitte der 80er Jahre.
Während des Beisammenseins im Gemeindesaal der Gustav-Adolf-Kirche verlangt Herr Mgovano nach einem Glas mit Wasser. Ich habe ihm eingeschenkt, aber offensichtlich war ihm das Glas nicht voll genug und er sagte zu mir: „Jaza Bwana, jaza“, mehr ein Befehl als eine Bitte.
Ich schenkte ihm das Glas bis zum obersten Rand ein, so dass er – als er es zum Trinken hochheben wollte – unwillkürlich zu mir hoch sah, um zu sehen, wer ihm da so frech zwar Folge leistete, aber doch an seiner Autorität ein bisschen kratzte. Wir haben beide sehr gelacht und waren seit diesem Augenblick sehr gute Freunde.
Bärbel Ampenberger erinnert sich
1998 besuchte ich mit einer Frauengruppe das erste Mal unsere Partnergemeinden in Tansania. Für mich war alles neu und ich sog die Eindrücke intensiv ein. Überhaupt wusste ich noch gar nicht so genau, was Partnerschaft eigentlich bedeutet. Die erste Begegnung mit Dekan Mgovano in Emmaberg war für mich ein Schlüsselerlebnis. Er begrüßte uns herzlich und hielt eine kleine Rede. Dabei definierte er, was für ihn Partnerschaft bedeute, nämlich drei Dinge:
Einander kennenlernen
Einander ertragen
Füreinander beten.
Das Wort „Geld“ erwähnte er nicht.
Stephan Fluhrer aus Oberhaching kannte Pfarrer Mgovano seit 1987. Er schreibt:
Wir waren 2017 im August und September in Tanzania und ich habe Pfarrer Mgovano zufällig am 30. August auf der Straße in DAR getroffen und ein Treffen für den nächsten Tag bei dem Haus seiner Tochter vereinbart. Wir hatten ein zweistündiges Gespräch über die Vergangenheit und unsere 12 gemeinsamen Treffen in den letzten 30 Jahren.
Er war für mich auch ein großer Führer, Organisator und Förderer der Partnerschaft. Selbst von Deutschland aus konnten wir durch ihn viele Informationen und Erledigungen erhalten. Er konnte auch viele Unstimmigkeiten durch seine zu respektierende Art lösen.
Heinz Lachmann trägt mit Bildern von den Anfängen der Partnerschaft 1970 zu den Erinnerungen bei. Er schreibt:
Seit 1970 besteht die Partnerschaft zwischen Makambako und München, jetzt also seit 47 Jahre. Sie geht zurück auf die Verbindung von Dekan Mgovano und Pfarrer Diez.
Im Jahr 2001 wurde zur Bekräftigung der Partnerschaft zwischen Makambako und München-Vaterunserkirche in Makambako im Beisein von Altdekan Mgovano ein Baum gepflanzt. Es gibt davon auch ein Video. Im Gottesdienst der Vaterunserkirche am 25. Dezember 2017 haben wir an Altdekan Mgovano gedacht.
Elke Sommer vom AK Emmaberg in Grafing schreibt in ihrem Rückblick:
Der 10. Oktober 2009 war ein gewittriger Tag. Häufig wechselten Sonnenschein und Regenschauer. Am Nachmittag fand der Abschiedsgottesdienst der Kirchengemeinde Grafing von ihrem langjährigen Pfarrer Waldemar Fischer statt. Zu diesem Anlass war auch Dekan Mgovano aus Tansania angereist. Er war der erste Geistliche, den Pfarrer Fischer während seines achtjährigen Aufenthaltes in Tansania ordiniert hatte. Seither verband beide eine herzliche Freundschaft. Zu Ende des Gottesdienstes war der Innenraum der Auferstehungskirche Sonnenlicht durchflutet. Umso überraschender der kurze Regenschauer beim Verlassen der Kirche, was Dekan Mgovano zu dem Satz veranlasste: „Es muss regnen, wenn ein Häuptling zu Grabe getragen wird!“
Ulrich Werwigk, Schatzmeister für die Partnerschaft von München Ost/Südost schreibt seine Eindrücke an den heutigen Dekan vom Makambako, Dr. Gabriel Nduye
Dear Pastor Nduye, dear Pastor Wallace Lupenza and dear Pastor Mpolo,
I read your message that retired pastor Mgovano is gone with deep grief and sorrow. I met him when I visited together with our pastor Karsten Schaller Makambako and Ikwete in 2014 and well remember his charisma and enthusiasm for the partnership between Munich East / Southeast and Makambako / Ilembula. Our joint visits to Ikwete, Emmaberg and Ilembula will remain deeply in my memory.
Our thoughts and prayers in the forthcoming Christmas days will be with him, his family and all our friends in Makambako and Ilembula who also grieve for him. May our Lord bless you.
Missionspfarrer Karsten Schaller schreibt im Kondolenzschreiben
Dear District-Pastor Gabriel Nduye,
dear family of Pastor Mgovano,
dear sisters and brothers in Jesus Christ!
With deep grief we heard of the death of pastor Mgovano. Here in Munich East and Southeast many people remember him hearty as a brother and friend from his visits in our congregations. Together with Pastor Waldemar Fischer he has been one of the fathers of our partnership with the districts of Makambako and Ilembula. So we are very thankful, what he has done for us, too.
We are sure that he may see now what he always believed and what connects us in our faith.
As Jesus said: “I am the light of the world; he who follows me will not walk in darkness, but will have the light of life”. We believe that he arrived in this light of the love of God.
We are with you in our prayers.
God bless you!
Pastor Karsten Schaller and the MESE-MAIL-Komitee
Die Beerdigung von Pfarrer Mgovano fand am 23. Dezember 2017 in Makambako statt. Er hat sein Grab direkt neben der neuen Kirche.